Das Ende der Paraden (Ford Madox Ford)

Der englische Gentleman Christopher Tietjens lebt in einer zerrütteten Ehe mit seiner Frau Sylvia, die angestachelt durch seine stoische Ruhe immer neue verbale Angriffe auf seine Ehre startet und immer wütender ob seiner scheinbaren Gefühlskälte wird. Christopher flüchtet sich, auch um ihren Attacken zu entgehen, in den Stellungskrieg des ersten Weltkrieges, doch selbst im Schützengraben findet er keine Ruhe vor Sylvia.

Der ganz große Ruhm wurde dem englischen Schriftsteller Ford Madox Ford nie zuteil, weder zu Lebzeiten noch posthum hat er es zu größerer Popularität gebracht. Ein wenig überraschend kam es dann schon, dass der Bayrische Rundfunk eine Hörspielumsetzung seiner Romantrilogie „Das Ende der Paraden“ produziert hat – hier benannt nach dem mittleren Teil, gleichwohl sind auch „Manche tun es nicht“ und „Der Mann, der aufrecht blieb“ enthalten. Fast sechs Stunden dauert das Werk, das nun auch beim Hörverlag auf sieben CDs erschienen ist. Die Handlung konzentriert sich sehr auf die äußerst angespannte Beziehung zwischen den beiden Hauptcharakteren, die zunächst erst einmal ausführlich vorgestellt werden. So bekommt man gleich einen intensiven Eindruck, doch wirkt das ganze auch erst einmal recht statisch – ein Eindruck, der nie ganz verfliegt. Erst später kommt mit Christophers Flucht an die Front die eigentliche Handlung zum Tragen, auch hier sind es eher Momentaufnahmen, einzelne starke Szenen und Gefühlsbeschreibungen, die sich hier zusammenfügen. Die Handlung schreitet dabei nur langsam voran, dafür taucht man immer tiefer in die komplexe Beziehung ein und entdeckt neue Feinheiten. Die Kulisse des ersten Weltkrieges vermittelt nicht nur einiges an Zeitgeschichte und den Schrecken des Krieges, ist aber auch sinnbildlich auf die verhärteten Fronten zwischen Christopher und Sylvia zu beziehen. Die nüchterne Erzählweise fordert den Hörer und zwingt ihn dazu, sich nur mit den Dialogen zu beschäftigen, ohne Ablenkung durch Musik oder lockere Momente zu erhalten. Das muss man mögen, ist dann aber eine sehr solide Umsetzung des literarischen Werkes.

Jans Harzer ist als Erzähler zu hören und hat dabei viele lange Passagen, die er mit sehr zurückhaltender, nüchterner Stimme vorträgt. Dieser Ansatz zieht sich durch das ganze Hörspiel und ist deswegen stimmig umgesetzt, zumal sein Klang angenehm ist. Felix Goeser spricht Christopher Tietjens mit vornehmer, immer kontrollierter Stimme und bringt dabei den etwas spröden Charakter treffend zur Geltung. Bibiana Beglau kann sich als Sylvia Tietjens da schon mehr Emotionen erlauben und steigert sich in ihre kalte Wut immer mehr hinein, was die sanfte Entwicklung der Handlung unterstreicht. Weitere Sprecher sind Steven Scharf, Anna Drexler und Caroline Ebner.

Der Hörer wird über weite Strecken mit den Monologen und Gesprächen allein gelassen, Musik oder Geräusche sind kaum im Einsatz. Erst nach langer Zeit ist mal eine Geigenmelodie zu hören, in ähnlicher Taktung zieht sich dies durch die gesamte Handlung. Wer also Zerstreuung oder Kurzweil sucht, ist falsch, man muss sich intensiv mit den Sprechern und der verfahrenen Situation beschäftigen.

Sehr gelungen ist die Aufmachung der Box mit den sieben CDs, die sehr stabil geraten ist und nach dem Aufklappen nicht nur die Discs in dünnen Plastiklaschen bereithält, sondern auch ein umfangreiches Booklet. Ein einleitender Text, Informationen zu Autor und Sprechern, einige Fotos – also eine sehr ausführliche Ausstattung, die mir richtig gut gefallen hat.

Fazit: Man benötigt für „Das Ende der Paraden“ schon einiges an Durchhaltevermögen, die lange und sehr ausführliche Beschreibung der Beziehung der beiden Hauptcharaktere, teils in fetzenartigen Monologen und wenigen Dialogen, fordert vom Hörer viel Aufmerksamkeit. Immer tiefer in die kriegsartigen Attacken von Sylvia einzutauchen und dies dann auch im ersten Weltkrieg mitzuerleben, ist aber auch lohnenswert und sehr intensiv umgesetzt.

VÖ: 19. März 2018
Label: Der Hörverlag
Bestellnummer: 978-3-8445-2504-5

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