Leere Herzen - Das Hörspiel



Erster Eindruck: Ziemlich viel für zwei Stunden Hörspiel...

Nach außen hin führt Britta Söldner ein ruhiges, gewöhnliches Leben mit einer kleinen Familie, guten Freunden und einer erfolgreichen Praxis für Naturheilkunde. Doch hinter den Kulissen der kleinen Büroräume behandelt sie nicht nur Selbstmordkandidaten, sondern rekrutiert unheilbare Fälle auch für Terroranschläge – gegen Bezahlung natürlich. Doch ein anderes Unternehmen auf dem Markt will ihr plötzlich Kunden und Patienten streitig machen...

Julie Zeh hat sich in letzter Zeit einen Namen in der deutschen Autorenlandschaft gemacht und sorgt mit ihren ungewöhnlichen Geschichten für Aufsehen. „Leere Herzen“ ist nun vom MDR als Hörspiel vertont und beim Hörverlag auf CD veröffentlicht worden. Sehr lohnenswert, wenn man sich auf das interessante Gedankenexperiment einlässt, denn die Themen, die angesprochen werden, sind sehr gut miteinander verknüpft. In einer nicht allzu weit entfernten Zukunft angesiedelt macht Zeh zahlreiche politische Anspielungen, beschreibt die Auswirkungen von Trump, Putin und Merkel auf das Weltgeschehen, rückt gerade letztere gegen Ende noch einmal in einen reizvollen Fokus, spricht aber auch die Folgen von Politikverdrossenheit und Populismus an. Dies geschieht vor der Kulisse der Firma von Britta, die das Geschäft mit dem Suizid auf die Spitze treibt. Das sorgt für reichlich Gedankenanregungen, besonders Brittas Einstellung zu dem Thema ist beeindruckend gelöst. Von der anfänglichen Beschreibung entwickelt sich später noch eine dichte Handlung, in der die Konkurrenz auf diesem zynischen Geschäftsfeld thematisiert wird. Toll ist dabei, wie genau Britta und die anderen Charaktere beschrieben werden, wie die frühe Fassade bröckelt und immer mehr Widersprüche und extreme Züge zu Tage kommen. Garniert wird das Ganze mit vielen eindrucksvollen Szenen – besonders krass beim Thema Waterboarding – und einem packenden Finale, das in eine andere Richtung führt als erwartet. Eine fesselnde Geschichte, die Zeit und Aufmerksamkeit braucht, aber eben auch sehr lohnenswert ist.

Bettina Hoppe ist in der Hauptrolle der Britta zu hören, die die abgeklärte Frau sehr eindringlich spricht und immer tiefer in den komplexen Charakter eindringt. Sie reagiert in den unterschiedlichen Situationen immer glaubwürdig und setzt gekonnt Akzente. Ihr zur Seite steht das Computergenie Babak, ein ziemlicher Außenseiter, aber eng mit Britta verbunden, der durch Alexander Beyer ebenfalls viel Tiefe erhält und mit vielen feinen Nuancen in der Stimme arbeitet. Jule Böwe ist als Erzählerin im Einsatz, zeichnet mal besonders spannende Szenen gekonnt mit ihrer Stimmfarbe nach, spricht dann aber auch mal sehr neutral und lässt die einzelnen Szenen so ihre gewünschte Wirkung entfaltet. Weitere precher sind Lisa Hrdina, Rainer Bock und Ingo Hülsmann.

Die akustische Gestaltung ist insgesamt eher ruhig gehalten und konzentriert sich auf die Dialoge, doch im Hintergrund sind immer wieder glaubhafte Geräusche eingesetzt, die das Geschehen lebendig gestalten und den Hörer in die jeweilige Szenerie versetzen. Musik ist nur wenig im Einsatz, fehlt wegen der glaubhaften Szenerie aber auch nicht.

Geliefert wird „Leere Herzen“ in einem hübschen Digipack, das sich mehrfach aufklappen lässt und ein kleines Booklet eingeklebt hat. Darin sind viele Informationen zu den Mitwirkenden des Hörspiels und der Autorin zu lesen. Schade nur, dass nicht alle Charaktere ihren Rollen zugeordnet sind. Das Titelbild greift die Idee des Buchcovers auf, kehrt aber die Farben um und zeigt weiße Punkte, scheinbar wahllos verstreut, auf schwarzem Grund – was es damit auf sich hat, erfährt man im Hörspiel.

Fazit: Politische, gesellschaftskritische und persönliche Entwicklungen werden hier in einer gut konstruierten und spannenden Geschichte zusammengeführt und überzeugen mit ihrem starken Ausdruck. Das vorhandene Gedankenspiel fasziniert sogleich und hält das Interesse über die gesamte Laufzeit aufrecht, zumal starke Charaktere und spannende Wendungen das Bild bestimmen. Sehr hörenswert!

VÖ: 12. Februar 2018
Label: Der Hörverlag
Bestellnummer: 978-3-8445-2912-8

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