Es hat sich viel getan bei WinterZeit, sodass es mal wieder Zeit für ein längeres Interview war. Deswegen hat mich Markus Winter erneut nach Remscheid eingeladen, wo wir uns zum Gespäch auf seinem roten Sofa getroffen haben. Wir sprechen über das Streamen von Hörspielen, die Auferstehung der Vinyl-Platte, neue Projekte und viele andere Themen. Auch seine Frau Danny ist wieder dabei und trägt ebenfalls einiges zum Gespräch bei, was hier in kursiver Schrift abgedruckt ist.

 

Zum letzten Interview haben wir und im August 2017 getroffen. Was hat sich seitdem bei euch getan?

Wir haben uns im Frühjahr 2018 dazu entschieden, aus dem umgebauten Studio einen Laden zu machen, weil Markus schon immer seine eigenen Hörspiele auch verkaufen wollte. Also nicht nur hoffen, dass sie vielleicht irgendwo im Saturn stehen, sondern tatsächlich einen Laden zu haben, wo Leute hinkommen können und sich vielleicht auch ins Gespräch mit ihm begeben. Ich hatte dann plötzlich ganz viel Zeit, und da haben wir uns überlegt: Was machen wir mit der Zeit, was machen wir mit dem Raum? Das Studio konnten wie sowieso nicht benutzen. Markus hat bei den Aufnahmen die Stimmen nicht mehr gehört, weil die Straße im Hintergrund zu laut ist. Wir hätten dann noch eine Wand einziehen müssen, das hätte sich für die fünf Sprecher alle zwei Monate nicht gelohnt. Bisher haben wir den Raum deswegen als Lager genutzt, haben uns damit ein bisschen um arrangiert und nicht nur einen Hörspielladen draus gemacht. Bei uns kann man auch Gesellschaftsspiele kaufen, weil wir selber ganz fanatische Gesellschaftsspieler sind. Und das Sortiment hat alles mit Freizeitgestaltung und Gemütlichkeit zu tun, deswegen haben wir noch eine Seite für Feinkost aufgemacht. Wir wollen eben auch die Remscheider bei uns im Laden haben.

Wir wollten uns heute mal intensiver über das Thema Streaming austauschen. Der Konsum von Hörspielen hat sich in den letzten Jahren verändert. Früher wurden Platten oder MCs, später CDs gekauft, dann gab es Downloads, mittlerweile wird viel gestreamt. Was bedeutet diese Entwicklung für ein Label wie euch?

Das ist schwer zu sagen, weil man das schon differenziert betrachten muss - es ist ein bisschen ein zweischneidiges Schwert. Zum einen finde ich das Streamen von Hörspielen generell schwieriger als bei Musik. Wenn man ein Lieblingslied hat, hört man das am Tag nicht nur einmal, sondern zehn-, zwanzig-, dreißigmal. Ich habe mir früher auf eine Audio-Kassette auf eine Seite zehnmal das gleiche Lied aufgenommen – das ist beim Streaming ja ähnlich. Da wird ein Lied von einem Hörer zwanzigmal angeklickt, das machst du beim Hörspiel nicht. Du hörst ein Hörspiel einmal, dann kennst du die Geschichte. Wenn es dir ganz toll gefallen hat, hörst du es vielleicht noch einmal, und dann drei Jahre gar nicht mehr. Die Marge ist von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich, aber die ist sehr gering, das sind Centbeträge.

Als Beispiel können wir die „Dark Mysteries“ nehmen, die sind jetzt schon ein bisschen älter, werden aber immer noch gestreamt. Für die erste Folge „Fuchsjagd“ haben wir über einen Zeitraum von drei Monaten 60 Euro übers Streaming bekommen. Das ist jetzt nicht das Beste, was wir im Streaming haben, der „Holmes“ geht besser, da kommen wir vielleicht auf 230 Euro, einmal haben wir sogar 900 Euro für eine Folge im Quartal gehabt.

Wir als Label haben pro Monat aber laufende Kosten von circa 8.000 Euro für Neuproduktionen, Sprecher, Pressung... Selbst das Spitzenhörspiel mit 900 Euro im Quartal, bringt demnach nur 300 pro Monat. Wir bringen pro Monat ungefähr 4 Hörspiele raus, also 1.200 Euro im Monat bei 8.000 Euro Ausgaben. Bei uns ist es so, dass wir 80 % der Einnahmen über die CD generieren. Deshalb ist alles, was wir an Streaming haben on Top. So gesehen ist es natürlich gut. Deshalb bin ich auch kein absoluter Gegner des Streamings wie so viele andere, weil das bei unserem Label ein Zubrot ist. Wenn aber irgendwann die CDs wegbrechen und alles zum Streaming geht, dann ist Feierabend. Dann können 90 % der Hörspiellabel dicht machen.

Das Streaming ist eine gute Sache, um es mitzunehmen, um vielleicht mal vom Backkatalog leben zu können oder eine Rente zu beziehen. Aber wir müssen das Hörspiel momentan über die CD-Verkäufe finanzieren.

Ich weiß nicht, ob das bei anderen Labels auch so ist, was es aber tatsächlich komplett kaputt gemacht hat, ist der digitale Download, weil das genau die gleiche Zielgruppe ist. Der CD-Sammler will immer noch seine CD haben, aber die, die vorher gedownloadet haben, haben ja kein Interesse an einer CD-Hülle oder einem Booklet. Die sind alle ins Streaming gegangen.

Und mit dem Download verdienen wir noch mehr als mit dem Streaming.

Beim Streaming ist es ja so, dass ihr auch beim zweiten Hören noch einmal Geld bekommt. Wenn ich mir die CD kaufe, bekommt ihr einmal Geld. Und wenn ich die weiterverkaufe, verdient ihr gar nichts mehr. Wenn das fünfmal gestreamt wird, verdient ihr auch fünfmal mit. Das ist doch eigentlich ein positiver Effekt.

Eigentlich ja. Aber die Marge ist halt einfach so gering, dass du so eine Menge generieren müsstest, die du im Hörspiel einfach nie bekommst, weil die Zielgruppe einfach nicht so riesig ist. Man müsste das vielleicht differenzieren, dass du für ein Hörspiel oder ein Hörbuch mehr ausgezahlt bekommst.

Es wird für beides gleich viel bezahlt? WinterZeit bekommt für einen Stream genauso viel wie Madonna für einen Song.

Genau. Natürlich bekommt sie mehr Geld, weil es öfter gehört wird. Aber für den einzelnen Stream ist es das gleiche. Je nachdem, was der für einen Vertrag mit seinem Label hat, bekommt der Künstler noch einen anderen Anteil, da hat jeder individuelle Verträge. Aber was Spotify pro Track auszahlt, ist haargenau das gleiche, ob das Madonna ist, Grönemeyer oder WinterZeit.

Hat sich das deswegen so entwickelt, dass die Hörspiele heute in gefühlt hundert Tracks unterteilt sind?

Genau. Die müssen alle eine gewisse Länge haben, um als einzelner Track zu zählen.

Unter 1:30 Minuten pro Track kriegst du gar nichts. Deswegen fangen alle an, bei genau 1:35 einen Cut zu setzen, um möglichst viele Tracks zu haben. Ich finde es für die CD-Hörer ein bisschen schade, da sind 45 Tracks nicht so dolle. Es lohnt sich aber nicht, das zu trennen, weil es dann zweimal gemastert werden müsste. Das sind dann wieder Zusatzkosten ohne Ende. Ich versuche ja noch, das sinnvoll zu machen. Ich fange jetzt nicht an, mitten im Satz Schnitte zu setzen.

Wie viel müsstest ihr beim Streaming denn pro Track bekommen, dass es sich am Ende rechnet?

Schwer zu sagen. Wenn wir eine CD im Handel verkaufen, verdienen wir so drei Euro. Wenn wir dann etwas über tausend Stück verkaufen, ist da der Break Even Point, da haben wir dann die Produktionskosten in etwa wieder drin. Wir gehen mal von diesen verrückten 40 Tracks aus, das ganze mal 0,006 Euro, die du ungefähr pro Track verdienst. Das sind 24 Cent, die wir für ein komplettes Hörspiel bekommen. Produktionskosten sind knapp 3.500 Euro für ein Hörspiel ohne Pressung. Wenn du die wieder mit 24 Cent pro Stück verdienen willst, sind das 14.500 Streams. Dann muss das aber auch komplett gestreamt werden. Viele hören ja nur kurz rein, wenn denen das nicht gefällt, klicken die auch schnell wieder weg.

Ihr habt euch für eine Mischung aus CD-Verkauf und Streamen entschieden. Ihr veröffentlicht die Streams deutlich zeitverzögert, ich glaube, es sind vier Monate. Ist das immer noch der richtige Weg für euch?

Momentan funktioniert es genauso. Ein paar Sachen kommen ja zeitgleich, die „Jules Verne“ als Koproduktion mit Maritim zum Beispiel. Da würde ich schon sagen, dass die auf CD physisch schlechter gehen als unsere Sachen, die wir zeitversetzt machen.

Jetzt hört man ja manchmal, dass die CD als Medium ausstirbt. Wirkt sich das Streamen denn so auf den CD-Verkauf aus und verschwindet die CD auf kurz oder lang?

Ich sammle ja selber CDs und hoffe, dass es da noch ein paar Leute gibt, denen es genauso geht. Im Musikbereich wird es sicherlich noch weniger werden. Aber wir im Hörspiel sind ja jetzt schon auf einer Sammlerbasis angelangt. Und ich behaupte und hoffe einfach mal, dass diese Zahl auch nicht mehr wesentlich abnehmen wird.

Illegale Downloads waren ja lange Zeit ein großes, großes Problem. Verhindert das Streamen den illegalen Download?

Sachen bei Youtube hochzuladen, das hat abgenommen. Nur: Liegt das am Streaming oder liegt es daran, dass Youtube jetzt schneller reagiert?

Ich glaube, die reagieren schneller. Wir stellen da ja auch ein paar Sachen online, da bin ich dann teilweise auch ein bisschen gemein: Wenn es ein Zweiteiler ist, stelle ich nur den ersten Teil in der Hoffnung ein, dass die sich dann die CD kaufen oder es wenigstens streamen. Aber die Youtube-Klientel ist da sehr eigen, die wollen das komplett umsonst haben. Das sind zwei völlig verschiedene Zielgruppen. Der erste Teil von „Der Teufel von St. James“, „Sherlock Holmes Chronicles“ Folge 4, ist bei Youtube mittlerweile über eine Million Mal gehört worden.

Jetzt stell dir das mal als Stream vor.

Oder stell dir mal ein Zehntel davon als CD vor. Wenn Leute kommen und sagen, dass es bei Youtube ein super Werbeeffekt ist: Nö, ist es nicht. Uns bringt es überhaupt nichts. Man kann zwar bei Youtube was verdienen und Werbung schalten. Die Marge ist da aber noch schlechter als beim Streaming, da haben wir vielleicht für die Million einmal 50 Euro bekommen.

Wie steht es denn gerade um den Hörspielmarkt? Wo bewegt er sich hin, liegt er am Boden, lag er am Boden und berappelt sich gerade wieder?

Wir sind ja diese ganz tollen Zahlen aus dem Hörspielboom gar nicht gewöhnt. Als wir angefangen haben, Hörspiele zu machen, haben wir schon damit kalkuliert, dass wir zwischen 500 und 1.000 Stück verkaufen. Seitdem ist es nicht schlechter, also nicht noch weiter in den Keller gegangen. Deswegen ist der Markt für uns genauso wie am Anfang in Ordnung. Sonst wären wir ja nicht schon acht Jahre dabei.

Was gerade so ein Aufleben ist, sind die ganzen Vinyl-Pressungen. Das kommt jetzt wieder vermehrt, bei den „drei ???“, bei den „Geister-Schockern“ oder bei „Larry Brent“ von Russel und Brandon. Wir haben hier im Laden auch einige Hörbücher stehen, die als Sammlerausgabe auf den Markt gebracht werden.

Das Streaming bietet ja auch Möglichkeiten, die du vorher nicht hattest: Durch das Internet erreichst du relativ schnell überhaupt erst einmal Hörer. Die Technik ist heute auch einfach so gut, dass man mit dem Computer und einem anständigen Musikbearbeitungsprogramm zu Hause ein eigenes Hörspiel machen kann. Zumindest rein technisch stimmt da dann die Qualität. Deswegen machen auch viel mehr Leute Hörspiele und gründen direkt ein Label. Aber die Zahl derer, die davon übrigbleiben, die Serien, die sich wirklich halten, ist gering.

Die Idee, sich wie bei Maritim unter einem Dach zu vereinigen, ist doch eigentlich keine schlechte. Das schafft ja Vielfalt, die sind immer noch alle ihr eigener Herr.

Nein, schlecht finde ich das nicht, aber für mich wäre das nichts. Wir arbeiten mit Sebastian Pobot ja so zusammen, dass er den Digitalvertrieb macht und wir machen für ihn den CD-Vertrieb. Künstlerisch hat er keinen Einfluss. Bei anderen Labels ist es anders, die Marke gehört dann Maritim. Wir sind zum Glück auch kein kleines Label. Wir sind klein, weil es nur wir beide sind, ja - das ist schon richtig. Aber wenn du mal guckst, wie viele Hörspiele wir im Jahr rausbringen, mit denen, die wir für Maritim auf CD auflegen, sind das 70, 80 Hörspiele, die im Jahr auf CD erscheinen. Da müsste ich lange überlegen, welches andere Label das auch macht.

Ihr startet ja allein in diesem Jahr auch wieder zwei neue Serien.

Naja, wir starten ja sowieso immer sehr viel, weil wir auch immer sehr viel probieren. Wenn man einfach nur darauf aus ist, Geld zu verdienen und zu überleben, würden wir nur noch den „Holmes“ machen und dann ist Ruhe. Aber man ist ja auch Künstler und selbst Hörspielfan, da möchte man ja auch was Neues machen.

Oft sind die neuen Serien auf eine endlose Laufzeit angelegt. Macht es nicht Sinn zu sagen, sechs, sieben, zehn Teile zu machen und damit ist es dann auch durch? Viele wollen ja auf absehbare Zeit mal an einen Endpunkt kommen.

Wir haben ja viele Sachen, die keine Serien sind, sondern Reihen, wo es Einzelgeschichten gibt. Da ist es dann ja egal, wenn es nach drei Folgen wieder abbricht. Aber es ist schwierig, so eine begrenzte Zahl vorzugeben. Wir hatten ja zum Beispiel „Ein Fall für die Rosen“, das war auf acht Folgen für die erste Rahmenhandlung ausgelegt. Und selbst die haben wir nicht geschafft, weil es sich leider richtig schlecht verkauft hat. Auf der anderen Seite: Was machst du denn, wenn es nur acht Folgen geben soll und es dann der super Kracher wird? Dann machst du irgendwie doch weiter und musst den Leuten erklären, warum es dann auf Biegen und Brechen doch plötzlich weitergeht.

Auf eurer Homepage gebt ihr jedes Jahr das bestverkaufte Hörspiel des Jahres bekannt. Was ich interessant fand, dass „Der kopflose Reiter“ den ersten Platz belegte. Der ist ja im September erschienen und andere „Holmes“-Folgen, die davor erschienen sind, tauchen entweder gar nicht auf oder sind auf den hinteren Plätzen. Wie kommt es denn, dass eine so späte Folge die anderen noch überholen kann.

Naja, in den ersten drei Monaten verkaufen sich CDs mit Abstand am meisten. Das ist ja das Halloween-Special gewesen und hatte ein sehr spezielles Thema, was viele einfach interessiert hat. Bei „Sherlock Holmes“ hängt der Erfolg immer stark vom Thema ab. Es gibt zwischendurch immer so Folgen, sie sich für „Holmes“-Maßstäbe überhaupt nicht verkaufen. 

Jetzt gibt es ja auch das Oster-Special um die Faberge-Eier,   was in einigen Foren auf Kritik gestoßen ist. Sind denn noch   weitere Specials geplant?

Nein, wir machen nur mit den Weihnachts-Specials weiter, auch   ein Halloween-Special wird es nicht mehr geben. Dieses Thema   hatte sich einfach angeboten und ich wollte mal eine gruselige   Story haben. Beim Oster-Thema war es so, dass Klaus-Peter   Walther schon immer was mit den Faberge-Eiern machen wollte.  Er hat dann gefragt, ob wir das dann nicht als Oster-Special   machen wollen. Aber es kommt jetzt nicht zu jeder Gelegenheit  ein Special.


 

Am 05.April 2019 macht ihr eine Lesung mit Tom Jacobs. Wie kam die Idee dazu?

Wir wollen den Zuspruch zu dem Laden noch steigern und ein Event für die Remscheider anbieten. Die erste Idee war aber gar nicht „Sherlock Holmes“ mit Tom Jacobs, sondern die andere Lesung, die wir machen. Christian Rodenwald hatte mich damals für sein Buch über „die drei ???“ interviewt, da bin ich dann auch zweimal kurz vertreten. Wir sind seitdem in Kontakt, er wiederum ist befreundet mit den Machern vom „Spezial-gelagerten Sonderpodcast“, die sich mit den „drei ???“ beschäftigen. Wir werden dann seine Lesung aufzeichnen, die Leute können dann auch Fragen zu dem Buch stellen. Hinterher machen wir dann noch einen Podcast mit mir, weil ich ja in der dunklen Vergangenheit mal eine „Die Drei“-Folge geschrieben habe.

Es dürfte voll werden, ein paar Karten sind auch schon weg. Wir basteln dafür unsere eigenen Karten, man kann sie also auch ins Poesiealbum kleben – nach dem Motto „Ich war dabei.“

Man könnte euch aber auch eine nette E-Mail schreiben und ihr reserviert dann die Karten?

Genau, das haben wir auch schon gemacht. Es ist einfach so, dass der Einzelhandel gegen den Onlinehandel nicht mehr ankommt. Deswegen muss der Einzelhandel eben etwas extra bieten, was man nicht bei Amazon und Co bekommt. Das sind halt vermehrt irgendwelche Events. Uns geht es vor allem darum, dass die Kunden hier hereinkommen und sich wohlfühlen. Und wenn ich vielleicht eine gute Erinnerung mit etwas verbinde, dann komme ich auch wieder.

Wir haben noch viele andere Ideen, die wir umsetzen wollen. Ralf Kramp hat zum Beispiel das Kriminalhaus in Hildesheim, und ist auch immer wieder auf Lesereise. Warum soll er dann nicht auch mal nach Remscheid kommen – ist jetzt nicht gerade die Eifel, aber warum nicht. Wer definitiv kommt, ist Olaf Reitz aus Wuppertal, der unter anderem den Tristan in den „Holmes“-Folgen spricht, die ohne Watson sind. Mit ihm machen wir auf jeden Fall etwas, es ist aber nicht gesagt, dass das eine „Holmes“-Lesung sein wird – der kann alles lesen.

Von den „Chronicles“ veröffentlicht ihr einige nun auch auf Vinyl, bis Folge acht sind ja auch schon weitere angekündigt. Woher kommt dieser Retro-Trend?

Die haben eine sehr kleine Auflage von jeweils 500 Stück. Davon gehen 300 in den Handel und 200 verkaufen wir hier im Laden oder über unsere Homepage. Von der ersten Folge sind unsere 200 schon komplett weg, so gesehen sind die schon sehr erfolgreich. Wir pressen da aber definitiv nicht nach. Es gibt immer diese 500 und wird nie mehr geben. Der Trend ist ja auch in der Musikindustrie angekommen, ich kaufe mir ja selbst viele Sachen auf Vinyl. Ich finde die einfach schön. Wir bedrucken bei den „Holmes“ ja auch die Hüllen mit diesem schönen Glanzlack, haben bedruckte Inner Sleeves und nehmen nicht nur so eine weiße Billighülle. Die Coverbilder sind ja auch so toll, die wirken doch auch nochmal viel besser als 12 cm auf CD. Und es klingt wirklich anders – ob die jetzt besser klingen, da kann man sich nochmal drüber streiten. Aber anders definitiv.

Wo die jetzt sowieso so gut laufen: Kannst du dir vorstellen, eine der kommenden Jubiläumsfolgen, die 25 oder 50 eine tolle Special-Vinyl herauszugeben? Man könnte das ja auch über eine feste Vorbestellung machen.

Ich bin ja kein Freund von diesen Vorfinanzierungen, das hat immer so einen semiprofessionellen Eindruck. Und dann müsste schon ein fünffach LP-Set gemacht werden, das ist natürlich schweineteuer. Die Frage ist immer: Wird der Preis denn auch bezahlt? Auch die Folge 50 von „Sherlock Holmes-Chronicles“ hat sich nicht gut verkauft. Die ist schon sehr knapp kalkuliert, mit zwei Audio-CDs, einer DVD und diesem Buch, und trotzdem ist vielen 25 Euro zu teuer. Wir haben neben der Special-Edition dummerweise zeitgleich eine normale Doppel-CD veröffentlicht. Wenn du die Verkaufszahlen von beiden zusammenrechnest, hat die sich super verkauft. Aber es haben fast alle die günstige für 14,99 genommen.

Der „Eifel-Krimi“ hat es mit Folge vier ja auch in die Top 10 geschafft. Interessanterweise, du hattest ja mal gesagt, dass die Serie gar nicht so gut lief.

Diese Folge ist überproportional über die anderen hinausgeschossen. Die Serie ist ja über verschiedene Verlage verstreut, einige von denen gab es bisher noch nie als Hörbuch. Vielleicht ist das auch ein Grund, weil es diesen Fall bisher nicht als Audio-Version gab.

Mit „Who dunnit?“ habt ihr ein neues Konzept herausgebracht. Der Hörer wird nicht nur berieselt, sondern kann nach dem Hören Fragen auf eurer Homepage beantworten und etwas gewinnen. Ist das ein neuer Weg der Interaktion?

 

Ja, hoffentlich. Auf jeder CD sind zwei Fälle vorhanden, die mit 20 bis 25 Minuten relativ kurz sind. Man hört die Geschichte und am Ende stellt der Moderator die Frage: Wer von den fünf Personen war der Mörder? Die Geschichten sind ziemlich hörspiel-untypisch, da sie ursprünglich gar nicht dafür, sondern fürs Live-Theater geschrieben wurden. Die sind vom Text ganz anders, sehr schnelle, kurze Dialoge, die sehr auf Humor gebürstet sind, teilweise auch ein bisschen zotig – das ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Ich finde es immer noch sehr witzig, auch die Sprecher haben sich bei den Aufnahmen teilweise kaputtgelacht. Den Titel habe ich mir auch erst später überlegt, vielleicht ist das ein bisschen irreführend, weil es eben kein tiefschürfender Agatha Christie-Roman mit 200 Seiten ist.

Man sollte aber trotzdem genau zuhören...

Genau, man kann sich dann bei uns auf der Homepage registrieren und dann einen Gutschein für unseren Shop gewinnen. Das sind 2,50 Euro pro Fall und pro Person. Wenn man beide Fälle löst, holt man also fünf Euro raus - wenn man bedenkt, dass die CD 7,99 Euro kostet, ist das schon nicht so schlecht. Als Eingangsfrage kommt dann immer erst: Wer ist der Mörder? Dann gibt es danach noch ein Quiz, zu jedem Fall muss man fünf Fragen richtig beantworten. Die werden jedes Mal per Zufallsgenerator aus 60 bis 100 Fragen ausgewählt.

Wenn man durch das Quiz durch ist, bekommt man natürlich auch noch die Auflösung vom Moderator als Audio-Datei. Tom Jacobs liest die Auflösung vor, mit Erklärung und Motiv, was da passiert ist und warum. Und das ist dann auch das Interessante, warum man das vielleicht noch ein zweites Mal hört. Man weiß dann, was passiert, und achtet vielleicht noch einmal darauf.

Ich behaupte sogar, dass du das öfter hörst als einen normalen Krimi, weil du Spaß daran hast, nochmal zu schauen, ob das alles stimmt.

Eine weitere neue Serie steht ja auch noch dieses Jahr an: „Die Chroniken des Grauens“ mit Geschichten nach Motiven von Howard Phillips Lovecraft. Wie viel steckt denn von dem bekannten Autor in der Reihe, wie viel wurde hinzugedichtet?

Es gibt eine Rahmenhandlung, die ist komplett von mir und spielt in verschiedenen Ebenen und Zeiten. 2019, aber auch im neunzehnten Jahrhundert und im Jahr 1980. Die Original-Erzählungen von Lovecraft sind aber immer relativ originalgetreu drin. Meist sind das ja Kurzgeschichten, die nur eine Person erlebt hat und einen Brief schreibt oder bei der Polizei vernommen wird. Ich bin kein Freund von Monologen in Hörspielen, deswegen schreibe ich dann schon ein, zwei Personen dazu, damit ich Dialoge habe, um die Handlung zu transportieren. Das nimmt etwa 30 % der Handlung ein. Die Rahmenhandlung ist der größere Teil, ich würde sagen die macht 70 % aus.

Erzählt denn eine bestimmte Folgenzahl einen Handlungsbogen?

Die Grundgeschichte ist schon lang und geht immer weiter. Aber da man ja leider nie weiß, ob etwas ankommt und Erfolg hat, habe ich nach vier Folgen immer die Möglichkeit, aufzuhören. Dann wäre niemand enttäuscht, dass tausend Fragen offenbleiben. Es ist aber auch immer möglich, weiterzumachen. Die ersten vier Folgen gibt es auch auf jeden Fall, wenn es sich verkauft, geht es aber weiter. Wahrscheinlich werden vier Folgen pro Jahr erscheinen, also eine Staffel. Viel schneller geht es wegen der ganzen anderen Sachen nicht, die ich parallel mache.

Ihr bringt ja auch immer wieder alte Hörspiele heraus, um sie wieder verfügbar zu machen. Auch da gibt es dann neben einem Stream auch eine CD-Version... Sind noch weitere Klassiker in Planung?

Immer, wenn etwas in den Stream kommt, gibt es auch von einer Handvoll Leuten die Anfrage, ob es das nicht auch auf CD geben kann. Das sind dann teilweise so alte Sachen, die viele dann gar nicht im Streaming haben wollen. Aber leider das lohnt sich dann nicht, das haben wir selber festgestellt.

Weil das dann manchmal nur 50 Mann sind, die das auf CD kaufen. Das ist ganz unterschiedlich, die „Edgar Wallace“-Neuauflage ist bombig gelaufen, ebenso wie „van Dusen“ und „Perry Clifton“, deswegen kommen da noch die WDR-Radiohörspiele. Aber wir haben auch die totalen Flops wie „Karl May“, da sind keine hundert Stück von verkauft worden. Da haben wir viel Geld verloren. Die, die nach einer CD-Version gefragt haben, werden es dann auch gekauft haben, für die tut es mir auch leid. Aber wenn sich nur so wenige verkaufen, können wir keine CD-Auflage weiter machen. Auch von einigen alten Maritim-Sachen haben wir uns viel versprochen. „Danger“ oder „Insignium“ zum Beispiel, das fand ich richtig klasse. Aber auch so bekannte Namen, „Pater Brown“ zum Beispiel, das ist alles nicht gelaufen. Deswegen sind sowohl Sebastian Pobot als auch ich da einfach vorsichtig.

Beim „Butler“ geht es auch nicht weiter, das finde ich auch so schade.

Die beiden ersten Folgen haben sich super verkauft. Bis zum dritten Buch hat es dann aber zwei Jahre gedauert, zudem ist der Fokus von den tollen Figuren Lady und Butler hin zu der Cheerlederin gewandert. Das hat vielen Hörern auch nicht so gefallen. Das vierte Buch finde ich wieder sehr gut, aber da war das Publikum schon weg. Dann ist Helmut Winkelmann auch noch gestorben, der die Folgen als Erzähler geprägt hat. Da war dann ein guter Zeitpunkt, um aufzuhören.

Gibt es denn aus dem letzten Jahr ein Ereignis oder ein Projekt, welches euch besonders viel Spaß gemacht hat?

Es war alles toll. Das ist ja das Schöne, dass ich zum Glück nichts machen muss, dass mir keinen Spaß macht. Tatsächlich macht der „Holmes“ mir immer noch am meisten Freude. Ich freue mich jedes Mal, wenn die Aufnahmen mit Till Hagen oder Tom Jacobs sind.

Musik wird es in Kürze auch wieder von dir geben. „We wear BLACK“. Was kann man sich denn darunter vorstellen?

Ich mache ja eigentlich schon länger Musik als Hörspiele und immer wieder hobbymäßig Platten gemacht. Ich erwarte auch nicht, dass sich diese Platte gut verkauft. Die letzte Platte, die ich vor drei Jahren gemacht habe, ist ziemlich wild geworden, weil so viele Leute mitgemacht haben. Tom Jacobs und Dirk Hardegen zum Beispiel – insgesamt haben 20 Leute mitgewirkt. In dem Fall war es so, dass ich mir zum ersten Mal eine Siebensaiter-Gitarre gekauft habe. Beim Ausprobieren sind dann ein paar neue Songs entstanden. Die neue Platte habe ich jetzt ganz alleine gemacht, nur Michael Donner, der für die Hörspiele auch Musik macht, hat Keyboard gespielt. Aber alle anderen Instrumente und Stimmen kommen von mir.

Was dürfen wir in 2019 von euch WinterZeit erwarten?

Wir machen ja schon wahnsinnig viel, mit „Who dunnit?“ und dem „Lovecraft“ sind die beiden neuen Projekte. Ich freue mich, dass der „Macabros“ mit mehr Tempo weitergeht. Der „Eifel-Krimi“ wird auch weitergehen, „Raumschiff Promet“ auch für mindestens noch zwei Folgen. Und ich werde „Ein Fall für die Rosen“ fertig erzählen, vielleicht nicht dieses Jahr, aber die werden auf jeden Fall noch kommen. Die Sprecherin der Sophie war eine erwachsene Schauspielerin, ihre Brüder wurden aber tatsächlich von Kindern gesprochen – jetzt haben das Abitur und waren im Stimmbruch. Das wird noch interessant, weil ich eigentlich keine Umbesetzung will.

 

(c) poldis-hoerspielseite.de März 2019

Datenschutzerklärung